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"Zukunft ist ein guter Ort"

28.11.19 –

Die „radikalst ökologische Unternehmerin“ Sina Trinkwalder hielt eindrucksvollen Vortrag

Temperamentvoll und mitreißend hat Sina Trinkwalder am Donnerstagabend ihr Lebensprojekt Manomama vorgestellt. Gerd Winklbauer und Laura Amberger vom Kreisverband Regen Bündnis 90 / DIE GRÜNEN begrüßten die mit vielen Preisen bis hin zum Bundesverdienstkreuz ausgezeichnete Augsburger Öko-Unternehmerin zur Präsentation ihres Buches „Zukunft ist ein guter Ort“.

Doch das Publikum im gefüllten Viechtacher Pfarrsaal bekam keine Lesung zu hören. Die 41-Jährige erzählte fast zwei Stunden – von ihrem Leben mit seinen Brüchen, ihrer Sinnsuche, ihrem Bedürfnis nach einer anderen Auffassung von Arbeit, Gesellschaft und sozialem Miteinander. Nach einer bewegten Jugend – schwieriges Verhältnis zur Mutter, Auszug von zu Hause mit 15 Jahren, abgebrochenes Politologiestudium – gründete sie mit ihrem Mann eine Werbeagentur mit 25 Mitarbeitern und legte eine steile Karriere mit super Einkommen hin.

Dann hatte sie ein Schlüsselerlebnis: Sie traf auf einen Obdachlosen, der sich aus den von ihrer Agentur konzipierten Hochglanzbroschüren Weihnachtsdeko bastelte. Am selben Tag beschloss sie: „Ich hör auf!“ Sie suchte einen wirklich sinnvollen Job, wollte „etwas Relevantes für die Gesellschaft machen“. Ihr Entschluss festigte sich, als sie Mutter wurde. In unserer Leistungsgesellschaft werde der Einzelne nach dem beurteilt, was er arbeitet, „wichtig ist aber, dass das, was er macht, relevant für die Gesellschaft ist“.

Sie gründete in Augsburg das konsequent nach ökologischen und sozialen Prinzipien wirtschaftende Textilunternehmen Manomama. Dort werden ökologisch erzeugte regionale Rohstoffe zu Kleidung verarbeitet. In unbefristeten Arbeitsverhältnissen angestellt und mit flexiblen Arbeitszeiten sind ca. 150 Menschen, die auf dem Arbeitsmarkt schwer vermittelbar sind, z.B. Langzeitarbeitslose, Migranten, Ältere, Alleinerziehende, Behinderte, „ich sehe mich nicht als Arbeitgeberin, sondern als Arbeitskraftnehmerin“. Das Unternehmen sei zu 100 % eigenkapitalfinanziert und nicht subventioniert. Betriebswirtschaftlich sei ihr Unternehmensmodell nicht „prickelnd“, wohl aber in volkswirtschaftlicher Hinsicht, denn es spare Gelder und gebe Arbeitslosen eine Chance, und „Arbeit schafft soziale Teilhabe!“ Auf die gesamte Gesellschaft hochgerechnet müsse das Ziel sein, der sozialen Spaltung entgegenzuwirken.

Zehn Jahre wird der „radikalst ökologisch und soziale“ Hersteller Manomama im Jahr 2020 alt, und Sina Trinkwalder hat die nächste große Änderung vor: Zur Ressourcenschonung werden die Vorstufen Garnspinnerei und Textilweberei eingestellt, nur noch in Überfülle vorhandene Stoffreserven sollen aufgekauft und weiterverarbeitet werden. Obwohl Sina Trinkwalder in ihrer direkten Art bekundet, sie sei „keine Charity-Uschi“ und werde immer Unternehmerin sein, hat sie ihre persönliche, auf positive Weise radikale Philosophie: Die Industrialisierung habe Mensch und Arbeitskraft voneinander getrennt, „es ist inzwischen in unserer Gesellschaft pervers perfektioniert, dass wir für Geld alles machen“.

Ebenso wie in der Auto- und der Druckindustrie werde auch in der Textilbranche, ja in der gesamten Wirtschaftswelt die unaufhaltsame Digitalisierung viele Menschen arbeitslos machen. Doch Veränderung müsse nicht unbedingt Verschlechterung bedeuten, Wandel könne Chancen bergen und Spaß machen. Das Dogma „Wohlstand durch Wachstum“ sei nicht mehr zeitgemäß, „selber machen und miteinander gestalten“ sei ein zukunftsweisender Weg: „Wir brauchen einander!“

Der von ihr erdachte „Relevanz-Koeffizient“ beinhalte eine tiefgreifende Umwertung, „da bekommt ein Altenpfleger zehn Punkte und ein Investmentbanker nur einen!“ Und zum Schluss ein Bekenntnis, das bei anderen pathetisch wirken würde, bei Sina Trinkwalder aber ehrlich: „Ich glaube, dass die Zukunft ein guter Ort ist, weil ich die Menschen liebe.“

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