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30.03.23 –
Toni Schuberl ist der erste Grüne, der einen Untersuchungsausschuss im Bayerischen Landtag als Vorsitzender leiten darf. Über seine Arbeit im NSU-Untersuchungsausschuss informierte er am letzten Samstag im Jugendcafé Zwiesel persönlich. Vorab hielt Grünen-Kreisvorsitzende Nicole Herzog eine kurze Präsentation, um die Opfer der von der Terrorgruppe NSU (Nationalsozialistischer Untergrund) verübten Morde in Erinnerung zu rufen. Anschließend berichtete Schuberl, rechtspolitischer Sprecher der Grünen-Landtagsfraktion, von seiner Tätigkeit als Vorsitzender des 2. NSU-Untersuchungsausschusses. Als Jurist sei er für diese Aufgabe bestens vorbereitet, seine Tätigkeit im Ausschuss ähnle der eines Richters, der Akten sichtet und Zeugen vernimmt. Stück für Stück werde ein Katalog von 150 Fragen abgearbeitet, sagte Schuberl, die Zusammenarbeit mit der CSU sei teilweise herausfordernd gewesen.
In der anschließenden offenen Diskussionsrunde wurden viele Fragen gestellt, insbesondere nach der Rolle des Verfassungsschutzes. Der Abgeordnete sagte, es habe Ermittlungspannen und organisatorische Fehler von Polizei und Verfassungsschutz gegeben. Für manch abwegige Theorie, wie der Verdacht, der Verfassungsschutz habe bewusst die Mordserie nicht verhindert, gebe es keinerlei Hinweise in den Akten und auch nicht durch Zeugenaussagen. Es sei jedoch besorgniserregend, dass der Verfassungsschutz durch seine V-Männer rechtsextreme Strukturen gefördert hatte, aus deren Umfeld der NSU entstanden ist. Gleichzeitig sei es aber wohl notwendig, durch V-Leute Informationen aus der rechtsextremen Szene zu sammeln. Aus den Ermittlungsakten lasse sich ein strukturell rassistisches Verhalten gegenüber den Opferangehörigen erkennen. Jeder habe Vorurteile und Stereotype in sich, sagte Schuberl, er nehme sich dabei selbst keinesfalls aus. Diese können dazu führen, dass man Menschen mit Migrationshintergrund vorurteilsbehaftet entgegentritt. Das heiße noch lange nicht, dass man Rassist sei. Doch während der NSU-Mordserie führte dies dazu, dass die Familien der Opfer, weil sie türkischstämmig sind, viel zu lange als Kriminelle behandelt wurden, obwohl dies längst ausgeschlossen werden konnte. Gleichzeitig wurde die Möglichkeit rechtsextremer Morde lange ausgeschlossen, obwohl es bereits Hinweise darauf gab. Diese Fehler könnten nur dann in Zukunft verhindert werden, wenn sie auch von den Sicherheitsbehörden als solche anerkannt werden. Nach der Selbstenttarnung des NSU habe sich der Staat viel zu schnell auf die Theorie festgelegt, es seien nur drei Täter mit wenigen Helfern. Hier gebe es deutliche Indizien, dass diese Vorfestlegung zu schnell erfolgt sei. Dies genauer aufzuklären sei eines der zentralen Themen des Ausschusses. „Wir müssen wissen, ob es noch Strukturen des NSU vor Ort gibt oder nicht“, erklärte Schuberl. Das sei man auch den Angehörigen der Opfer schuldig. Um endlich Antworten auf Fragen zu erhalten, die insbesondere die Angehörigen umtreiben, werde der Ausschuss auch Beate Zschäpe als Zeugin laden und sie in Chemnitz befragen. Bisher habe sie geschwiegen, um sich nicht stärker selbst zu belasten, aber seit ihr Urteil rechtskräftig ist und sie keine höhere Strafe mehr zu befürchten hat, wurde sie nicht mehr befragt. „Das holen wir jetzt nach.“
Nicole Herzog bedankte sich bei Jugendcafé-Leiter Christian Schwarz und den ca. 25 Zuhörern. Speziell dankte sie dem Abgeordneten für seine engagierte Arbeit und überreichte ihm in Anspielung auf seinen Vornamen ein Ton-I, also einen Quader aus Töpfer-Ton – „damit du dir die Welt so formen kannst, wie du sie gerne haben möchtest“.
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