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Bündnis 90/DIE GRÜNEN

Kreisverband Regen

Gegen drohendes Umwelt- und Sozialdumping, undemokratische Konzernklagerechte und intransparente Verhandlungen

29.09.14 –

Argumente gegen TTIP, CETA und TISA

 

  • Seit über einem Jahr wird TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership) geheim verhandelt, CETA (Comprehensive Economic and Trade Agreement) der Vertrag mit Kanada ist bereits fertig verhandelt. TISA (Trade in Services Agreement) wird zwischen 23 Staaten multilateral verhandelt. CETA soll im Herbst2014 und TTIP 2015 ratifiziert werden.

  • Medienberichte und öffentliche Debatte drehen sich bisher vor allem um die zu befürchtende Aufweichung von Standards im Gesundheits-, Verbraucher- und Umweltschutz, doch das ist nur ein Teil der Geschichte

  • Obwohl auch die Kommunen betroffen sind, werden sie nicht beteiligt, nicht mal EU-Parlamentarier kennen den Stand der Verhandlungen. Deshalb beruhen die Einschätzungen auf CETA, das bereits ausverhandelt ist, und den Teilen des TTIP, die bis jetzt bekannt wurden. Es verhandelt nur die EU-Kommission mit den USA geheim, aber mehrere hundert Industrielobbyisten dürfen beraten.

  • Laut Lissabon-Vertrag darf die EU in Handelsabkommen Investitionsschutzklauseln vereinbaren, das hat sie bereits in vielen bilateralen Verträgen gemacht.

  • Das TTIP-Mandat umfasst diese Klausel, einschließlich eines Investor-Staat-Schiedsverfahrens. Die Verhandlungen über das intransparente Schiedsverfahren wurden aber momentan auf Grund massiver Proteste 3 Monate ausgesetzt, es bleibt aber Teil von CETA

 

  • Investor-Staat-Verfahren, ISDS (Investor-State Dispute Settlement), ermöglichen es ausländischen Investoren, die nationale Gerichtsbarkeit zu umgehen und vor internationalen Schiedstribunalen auf Entschädigung zu klagen, wenn ihre Gewinne durch staatliche Maßnahmen beeinträchtigt werden.

    • Bis Ende 2013 gab es 568 bekannte Fälle solcher Verfahren, die aus 3 Schiedsrichtern (meist aus Wirtschaftskanzleien) bestehen. Pro Partei ein selbst bestimmter Vertreter und ein gemeinsam bestimmter Vorsitzender. Die Verfahrenskosten beliefen sich im Schnitt auf 8 Mio Dollar. Es wird unter Ausschluss der Öffentlichkeit getagt und die Urteile sind bindend. Es ist keine Berufung möglich.

    • Entschädigungsklagen teils in Milliardenhöhe, wer muss nun zahlen?

      • Bei den ISDS-Verfahren entstehen besondere Risiken, die von der konkreten Ausgestaltung des TTIP-Investitionskapitels und dessen Interpretation durch Investitionstribunale abhängen.

      • Schon die Klageandrohung kann dazu führen dass die Politik sich beugt. Beispiel Hamburg: Vattenfall klagt wegen einem Kohlekraftwerk. Umweltauflagen zur Wasserqualität der Elbe wurden deshalb gelockert

      • Weiteres Beispiel: Eine kanadische Firma klagt gegen Kanada über ihre Niederlassung in den USA gegen ein Frackingmoratorium. Sie führen an, dass das Moratorium „willkürlich“ ist und berufen sich auf den Investitionsschutz.

      • Weiteres Beispiel: eine Sondermülldeponie wird von einer mexikanischen Gemeinde wegen Verschmutzung des Trinkwassers nicht genehmigt. Urteil: 16,6 Mio Schadensersatz. Begründung: indirekte Enteignung

      • Beispiel Wasserkonzern Suez in Arentinien: Die Behörden verweigern eine Anhebung der Gebühren nach Verfall der Währung. Klage auf 200 Mio Schadensersatz, da die „legitimen Erwartungen“ des Investors auf Gewinn geschmälert werden

      • Die Mietpreisbremse könnte auf Grund der legitimen Gewinnerwartung, die dadurch geschmälert wird, ausgehebelt werden …

  • Kommunale Entscheidungen können zum Gegenstand von Klagen internationaler Investoren werden, über die eine abseits des Rechtsstaats stehende kommerzielle Schiedsjustiz befindet.

    • In Deutschland sind finanzielle Leistungen aufgrund von Pflichtverletzungen von derjenigen Ebene zu tragen, auf der der Verstoß erfolgte, d.h. auch auf kommunaler Ebene

    • Unter den Investitionsschutz fallen Dienstleistungskonzessionen, die in der kommunalen Daseinsvorsorge eine wichtige Rolle spielen, z.B. Wasserversorgung, Abwasserbeseitigung und Abfallentsorgung

    • Auch der Bereich der Stadtwerke, der Nahverkehr, der Bildungs-, Gesundheits- und Kulturbereich fallen darunter, da hier ebenso Wettbewerbssituationen vorliegen könnten wie bei Pflegeheimen, Volkshochschulen oder Musikschulen

    • Kommunale Ausgleichszahlungen an Träger der freien Wohlfahrtspflege und Krankenhäuser könnten ebenso angefochten werden wie Zuschüsse für Bildung und Kultur. Der Bundesverband Deutscher Privatkliniken hat z.B. den Landkreis Calw wegen dessen Ausgleichszahlungen für die Kreiskliniken verklagt

    • die Verweigerung von Betriebsgenehmigungen, um etwa die Verdrängungskonkurrenz durch Einkaufszentren oder Supermärkte zu vermeiden, könnte auch darunter fallen.

    • Auch gegen Maßnahmen, die Liefer- und Besucherverkehr eindämmen sollen, könnten diese Investoren TTIP in Stellung bringen.

    • Die Privatisierung von Sparkassen könnte ein Gegenstand von Klagen sein, wenn sie handelbares Stammkapital bilden dürfen, das dann auch an Private verkauft werden kann.

    • Nicht darunter fallen bis jetzt Dienste zur Ausübung hoheitlicher Gewalt, z.B. Polizei (kein Wettbewerb möglich), und audiovisuelle Dienste

    • Verhandlungsmandat ist auch ein „verbesserter Zugang zu den Beschaffungsmärkten auf allen Verwaltungsebenen“ also auch auf lokaler Ebene. Der Zwang zur EU-weiten Ausschreibung ist bereits jetzt für die Kommunen problematisch und befördert die Privatisierung der Daseinsvorsorge. Die von Städten und Gemeinden geforderte Anhebung der Schwellenwerte wurde von der EU-Kommission bereits abgelehnt. Bei Inkrafttreten der Freihandelsabkommen muss sogar „transatlantisch“ ausgeschrieben werden.

  • Die Einhaltung von Sozialstandards bei der Vergabe, z.B. Tariftreue, fehlen in CETA

 

Kritische Vertragsformulierungen, die ausgenutzt werden können

 

  • Die „billige und gerechte Behandlung“ (Article 12: Treatment of Investment) ist der meistgenutzte Investitionsstandard in ISDS-Verfahren

  • ein „Bruch der legitimen Erwartungen von Investoren“.

  • Ein weiterer Tatbestand wäre eine „indirekte Enteignung“, von der gesprochen wird, wenn durch Entscheidungen der Kommune das Verfügungsrecht des Investors an seinem Eigentum beeinträchtigt wird.

  • In- und ausländische Anbieter müssen gleich behandelt werden, d.h. inländische Anbieter dürfen nicht bevorzugt werden.

  • Die Schirmklausel bewirkt dass alle Vertragsverletzungen nicht vor normalen Gerichten sondern vor dem Schiedsverfahren verhandelt werden.

  • Ratchet bedeutet, dass künftige Liberalisierungen automatisch unter TTIP fallen und Liberalisierungen allgemein nicht mehr zurück genommen werden dürfen (Standstill). Erreichte Standards dürfen nicht mehr erhöht werden, z.B. exzessiver Antibiotika-Einsatz

  • Ob Subventionen oder Unterstützungsleistungen kritisch sind, kann nicht abschließend beurteilt werden. In CETA sind sie jedoch vom Prinzip der billigen und gerechten Behandlung nicht ausgenommen.

 

 

 

Sonstige mögliche Auswirkungen unabhängig von Kommunen:

  • US-Produkte müssten nicht mehr europäische Verbraucherschutz- und Tierschutzstandards einhalten, um in der EU verkauft zu werden. Damit EU-Unternehmen dann nicht benachteiligt sind, müssten die Standards hierzulande gesenkt werden.

  • Der durch das Abkommen ausgelöste Preiskampf bei Lebensmitteln würde auf beiden Seiten des Atlantiks naturschonend wirtschaftende Bauernhöfe massenweise zur Aufgabe zwingen. Einkünfte der Bauern sinken dadurch.

  • Die durch die EU-Chemikalienverordnung REACH vorgeschriebene Gefahrenprüfung vor der Markteinführung von Substanzen wird umgehbar: Ein Konzern müsste nur ein Produkt in den USA anbieten – und schon könnte er es auch in Europa verkaufen. Das Vorsorgeprinzip wird damit umgangen

  • TTIP wird die Einfuhr gentechnisch veränderter Lebensmittel, etwa Hormonfleisch und Chlorhühner, erleichtern und die Kennzeichnungspflicht aufweichen.

  • Im Bereich des so genannten „geistigen Eigentums“ drohen Verschärfungen: weniger Rechte für Internetnutzer und ein lascher Datenschutz.

VORGEBRACHTE ARGUMENTE PRO TTIP, CETA, TISA:

  • Schaffung und Erhalt von Arbeitsplätzem

  • Kostensenkungen

  • Wirtschaftswachstum für 800 Millionen Verbraucher

 

ARGUMENTE GEGEN TTIP, CETA, TISA:

  • Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze
    Selbst die Studie des konservativen IFO-Institutes sieht in einem solchen Freihandelsabkommen kein Potenzial für Wirtschaftswachstum. Pro Kopf soll sich das Einkommen lediglich um 0,5 Prozent erhöhen, aber erst nach 10 bis 15 Jahren, also 0,05%/Jahr! Ganz zu schweigen davon, wem dieses so ferne wirtschaftliche Wachstum eigentlich zu Gute kommt. Auch spürbare Beschäftigungseffekte werden nicht erwartet. Sogar das Gegenteil kann eintreten: Arbeitsplatzverluste durch Rationalisierungsmaßnahmen! Bestehende Abkommen haben das bestätigt.

 

SPD und CSU sind mit einigen Vorbehalten dafür. CDU und FDP sind ganz dafür. Die AFD-Basis ist dagegen, ihre Führungsspitze jedoch dafür. Alle anderen Parteien sind dagegen.

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